Mehr Energie aus der Lippe

Der Landesverband Erneuerbare Energien NRW begrüßt den Plan, ein neues Wasserkraftwerk an der Lippe bei Werne zu bauen. Der Investor erwartet eine jährliche Erzeugung von zwei Millionen Kilowattstunden Ökostrom. Außerdem wird der Fluss in diesem Abschnitt für Fische wieder durchgängig werden.

Düsseldorf, 2. August 2022 - Der Projektentwickler Dr. Michael Detering hat angekündigt, ein neues Wasserkraftwerk mit einer Leistung von 400 Kilowatt an der Lippe auf dem Gebiet der Stadt Werne zu bauen. Das Projekt „Wehr Stockum“, so der Arbeitstitel, kann jährlich an die zwei Millionen Kilowattstunden dringend benötigten erneuerbaren Strom erzeugen.

Parallel zu der neuen Wasserkraftanlage mit fischfreundlicher Turbine will Investor Detering auch einen modernen Fischaufstieg errichten, sodass Fische zum ersten Mal seit rund 200 Jahren an dem Standort wieder die Lippe stromaufwärts wandern können. Ohne die neue Wasserkraftanlage wäre hier auch weiterhin „Stopp“ für Fische. Wenn es nach Detering geht, will er bereits im kommenden Jahr mit dem Bau beginnen. Die ersten Kilowattstunden sollen dann Ende 2024 erzeugt werden.

 

„Dieser Neubau ist ein wichtiges Signal, dass es mit der kleinen Wasserkraft in Nordrhein-Westfalen weitergeht“, freut sich Reiner Priggen, Vorsitzender des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW), „Für uns ist dieses Projekt eine Bestätigung, dass wir uns in den vergangenen Wochen konsequent gegen eine Streichung der Einspeisevergütung für die kleineren Wasserkraftwerke eingesetzt haben.“

 

Die ursprünglichen Pläne der Bundesregierung für die Anfang Juli beschlossene Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes hatten u.a. das ersatzlose Aus der EEG-Förderung für Wasserkraftwerke mit einer Leistung von weniger als 500 Kilowatt Leistung vorgesehen. Diese Kappung sollte auch für kleine Anlagen gelten, bei denen eine technische Modernisierung ansteht. Fachleute sprechen von „Repowering“. Für Nordrhein-Westfalen hätte gerade diese Repowering-Regelung bittere Folgen gehabt: Rund 85 Prozent der 450 bestehenden Wasserkraftwerke haben eine Leistung von weniger als 500 Kilowatt.

 

Der LEE NRW geht davon aus, dass „Werne der Auftakt für die konsequente Hebung der noch vorhandenen Potenziale kleinerer Wasserkraftanlagen“ werden wird. Verbandsvorsitzender Priggen setzt dabei auf die Unterstützung der neuen Landesregierung. Die schwarz-grünen Regierungsparteien hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag für den Ausbau der Wasserkraft auf folgenden Passus verständigt: „Wir werden Wasserkraftstandorte unter ökologischen Aspekten weiterentwickeln, sodass die Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie umgesetzt werden können.“

 

Dass das neue Wasserkraftwerk in Werne-Stockum „ein ökologisches Vorzeigeprojekt“ wird, steht für Investor Michael Detering außer Frage: „Wir werden dort Umweltschutz, die Durchgängigkeit der Lippe für Fische sowie die Erzeugung von regenerativer Energie in Einklang bringen.“ Detering ist froh, dass auch dank des Engagements des LEE NRW die Streichung der EEG-Förderung für kleinere Wasserkraftwerke verhindert werden konnte: „So kann ich jetzt das Projekt wie ursprünglich angedacht mit einer Leistung von 400 Kilowatt planen, was sich auch wirtschaftlich rechnet.“

Deterings neue Wasserkraftanlage wird in Werne-Stockum eine ältere 45-kW-Anlage ohne modernen Fischaufstieg ersetzen. „Mit dem Neubauprojekt besteht die Chance, sowohl kurzfristig eine erhebliche ökologische Verbesserung der Lippe zu erreichen als auch gleichzeitig angesichts der derzeit angespannten Energiesituation dringend benötigten grundlastfähigen Ökostrom zu erzeugen.“ Bestärkt in seinen Plänen sieht sich Investor Detering durch die Stadt Werne: Das neue Wasserkraftwerk ist ein Baustein ihres Klimaschutzkonzeptes.

 

### Eine Pressemitteilung vom Landesverband Erneuerbare Energien NRW ###

 


Wird die Ampelregierung zum Totengräber für die kleine Wasserkraft?

Knapp 40 Verbände aus der Energie- und Wasserwirtschaft protestieren mit einer gemeinsamen Erklärung gegen die von der Ampelregierung geplanten Verschlechterungen für die Wasserkraft im EEG 2023.

Düsseldorf, 16. Mai 2022 - Für die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes hat der zuständige Bundestagsausschuss für Klimaschutz und Energie für Montag, 16. Mai, zu einer Sachverständigen-Anhörung eingeladen. Dabei steht auch die vom Bundeskabinett geplante ersatzlose Streichung für die Förderung kleiner Wasserkraftanlagen bis zu 500 Kilowatt Leistung auf der Tagesordnung. Nach dem Gesetzentwurf soll zudem der Erhalt der EEG-Vergütung an sogenannte wasserwirtschaftliche Vorgaben geknüpft werden und der Ausbau der Wasserkraft – im Gegensatz zur Wind- und Solarenergie – nicht im überragenden öffentlichen Interesse stehen.

 

Gegen diesen Plan wächst nicht nur der Widerstand in immer mehr Bundesländern, sondern auch in der Energie- und Wasserwirtschaft sowie bei den Vereinen, die sich für den Erhalt und die Nutzung historischer Wassermühlen einsetzen. Dazu zählt auch der gemeinsame und in dieser Form umfangreichste Protest von 39 Verbänden und Organisationen, die sich in einer Erklärung gegen die existenzbedrohende Benachteiligung der regenerativen Wasserkraftanlagen im EEG 2023 wehren und eine komplette Streichung der umstrittenen Neuregelungen fordern.

 

In der Erklärung, die vom Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) und dem Bundesverband Deutscher Wasserkraftwerke (BDW) mitinitiiert worden ist, heißt es u.a.: „Die Auswirkungen [der geplanten Gesetzesnovelle] sind erheblich, da sie einen Großteil der Wasserkraftstandorte betreffen würden. Rund 90 Prozent der Wasserkraftanlagen haben eine Leistung unter 500 kW.“

 

Reiner Priggen, Vorsitzender des LEE NRW, zeigt sich enttäuscht vom vorliegenden Kabinettsentwurf: „Die völlig unerwartete Neuausrichtung der Wasserkraftförderung passt überhaupt nicht in die Zeit, in der jede regenerative Kilowattstunde zählt, um die Importabhängigkeit im Energiesektor zu senken. Sollte die komplett fehlgeleiteten Änderungen nicht rückgängig gemacht werden, droht der mittelständischen Wasserkraft hierzulande mittelfristig das Aus.“

 

Für den LEE-Vorsitzenden ist nicht nur die Förderkappung bei 500 Kilowatt „absolut willkürlich und nicht nachvollzierbar§, sondern auch die Verknüpfung mit den gewässerökologischen Anforderungen nicht sachgerecht: „Die Auswirkungen einer Wasserkraftanlage auf die Gewässerökologie lassen sich nur am jeweiligen Standort und stets im Einzelfall beurteilen. Diese möglichen Folgewirkungen werden bereits von den zuständigen Wasserbehörden über das Wasserhaushaltsgesetz geprüft und bewertet. Deshalb hat dieses Kriterium im EEG nichts zu suchen.“ Bei keinem anderen regenerativen Energieträger werde die Erfüllung naturschutzrechtlicher Anforderungen an die Vergütung im EEG verknüpft. Priggen: „Dies ist eine Fehlentwicklung bei der Wasserkraft, die sachlich nicht hinnehmbar und völlig fehlgeleitet ist.“

 

Diese Einschätzung teilt Dr. Helge Beyer. Der BDW-Geschäftsführer betont, dass die EU-Richtlinie für Erneuerbare Energien ausdrücklich auch kleine Anlagen in das Gesamtkonzept einer Förderung Erneuerbarer Energien mit einbezieht. „Dabei wird die Wasserkraft weder als Ganzes noch werden Anlagen unterhalb einer bestimmten installierten Leistung ausgenommen. Auch kleinere Wasserkraftanlagen bieten durch ihre dezentralen Erzeugungsstrukturen auf lokaler Ebene Versorgungssicherheit. Allein die Menge des erzeugten Stroms ist danach nicht der alles entscheidende Faktor. Die Energiewende verlangt eine Diversifizierung und Dezentralisierung der Erzeugungsstrukturen. Da darf die Wasserkraft nicht fehlen.“

 

Um den Bestand zu sichern sowie die Modernisierung und den Ausbau von Wasserkraftwerken als stetigen, gut planbaren Energieträger, der zur Netzstabilität und Versorgungssicherheit beiträgt, zu ermöglichen, fordern LEE NRW und BDW gemeinsam mit den anderen Verbänden und Organisationen:

  • das überragende öffentliche Interesse auch für die Wasserkraft anzuerkennen,
  • die unnötigen Verknüpfungen von Förder- (EEG) und Fachrecht (WHG) inklusive der zusätzlichen Sanktionsregelungen rückgängig zu machen,
  • den Förderstopp für kleine Wasserkraftanlagen (< 500 kW) komplett zu revidieren,
  • und stattdessen die Modernisierung von Bestandsanlagen und den gewässerverträglichen Aus- und Neubau an bereits bestehenden Querbauwerke zu fördern.

Die Empfehlung von Dr. Helge Beyer an alle Abgeordnete im Ausschuss für Klimaschutz und Energie lautet: „Nicht nur der Ausbau der Wind- und Solarenergie liegt im überragenden öffentlichen Interesse, wie es die EEG-Novelle endlich vorsieht, sondern auch der Ausbau der Wasserkraft aller Leistungsklassen.“

 

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Gemeinsame Erklärung „Keine Diskriminierung der regenerativen Wasserkraftanlagen im EEG 2023“ (Kurzfassung)
Erklärung-Keine-Diskrimierung-Wasserkraf
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